Mittwoch, Januar 14, 2009

Kleine "Schleuder-Schule"

Die Zeit ist gekommen, in der man dem bekannten Warnschild "Schleudergefahr" erhöhte Aufmerksamkeit widmen sollte. Wenn auch das, was in den nächsten Zeilen gesagt wird, einem "alten Hasen" nichts Neues mehr ist, weil er im Laufe der Jahre genügend eigene Erfahrungen - manchmal auch sehr böser Art - hat sammeln können. Doch gibt es in jedem Winter Leute, die sich erst mit den Tücken rutschiger Straßen vertraut machen müssen.


Wenn ein Auto ausrutscht, dann weiß man meist nie, wie eine solche Rutschpartie endet. Deshalb sollte ein Kraftfahrer die Voraussetzungen schaffen, welche die Wahrscheinlichkeit, ins Rutschen zu kommen, so gering wie möglich halten. Diese Voraussetzungen sind


1.Technischer Art: Tadellose, griffige Bereifung, möglichst auf allen Rädern Reifen gleicher Art (Nein, ungleiche Reifen sind nicht verboten, solange es sich dabei um das Profil handelt, nur ungleicher Grundaufbau: also Gürtelreifen und Diagonalreifen dürfen nicht gemischt werden.) Optimal wären 4 Wintergürtelreifen mit mindestens noch 4 mm tiefem Profil. Gleichmäßig ziehende Betriebsbremse, dito Handbremse (welche sehr oft ungleichmäßig greifen!) Alle haben heute natürlich ein ABS, das Anti-Blockier-System. Wirksame, nicht ausgeleierte Stoßdämpfer. Zusätzliche Belastung des Kofferraumes, wenn dadurch auch der Benzinverbrauch geringfügig steigt. Geeignet dafür sind Sandsäcke, aber auch Kartons mit Altpapier (womit man aber im Notfall nicht streuen kann), welche möglichst genau auf der Achse liegen sollten.


2. Die genaue Fahrbahnbeobachtung: es darf gar nicht passieren, dass man sich "unverhofft" auf Glätte befindet. Das lässt sich vermeiden, indem man jede Veränderung im Aussehen der Fahrbahndecke beachtet (dunklere oder glitzernde Stellen etc.) Bei Nässe kann man das linke Fenster ein wenig öffnen: wenn die Reifen nicht mehr zischen, sind Sie auf Eis.(Merke:Eis läuft leis!)

3. Mitdenken: Wo ist Schatten, wo hat es tagsüber getaut und ist bei Nacht wieder festgefroren, wo bläst der Wind besonders gut hin, wo sind Brücken?

4. Die angepasste Fahrtechnik: auf Glätte entweder bremsen oder lenken – ohne ABS sowieso - wenn’s richtig glatt ist, auch mit ABS, viel größere Abstände zum Vordermann, nicht mit zu großer Geschwindigkeit in unübersichtliche Stellen hineinfahren (Klassische Situation: Vor der Kurve trockene Fahrbahn, in der Kurve Glatteis und dann Gegenverkehr!!) Äußerste Vorsicht im Gefälle! Vorher zurückschalten! Manche Gefälle werden bei Glätte unbefahrbar, was man aber vorher wissen muss! Wenn das dennoch einmal geschehen sollte: Ist der Auslauf des Gefälles frei, kann es noch gut gehen ist er nicht frei oder nicht einsehbar dann hilft nur noch die Karosseriebremse: mit der (möglichst) rechten Seite flach ran an den Berg, dass die Funken stieben. Klar wird das teuer, aber Sie wollen doch weiterleben? Und wenn's rechts keinen Berg gibt? Beten.


Trotz aller Vorsicht und bestens für den Winterbetrieb hergerichtetem Auto kann man ins Schleudern geraten. Wie kommt es nun dazu? Obwohl viele Fahrer anderer Meinung sind: durch Bremsen auf glatter Fahrbahn gerät man fast nie ins Schleudern, immer jedoch ins Rutschen. Das ist ein Unterschied. Ein rutschendes Auto bewegt sich nämlich gradlinig in der bisherigen Richtung weiter, wenn man Pech hat, bis zum leider nicht zur Seite springenden Alleebaum. Das ist begründet in der "Trägheit der Masse", wie der Physiker sagt. Ein schleuderndes Auto jedoch fährt erst Zick-Zack und dann Karussell. Und das wird hervorgerufen durch mehr Gas als die Antriebsräder vertragen (beim Hinterradantrieb) oder durch plötzliche Lenkeinschläge. Solche Lenkeinschläge sind auch erforderlich, wenn die Straße gewölbt ist oder - besonders berüchtigt - vereiste Längsrillen aufweist.


Wer das nicht glaubt, kann sich leicht von der Richtigkeit überzeugen: Er suche sich einen großen leeren (!) Parkplatz, der schön schneeglatt ist. Sanft Anfahren und allmählich auf ca. 30 km/h beschleunigen. Dann auf den 3. Gang schalten, schnell einkuppeln und Vollgas geben, dazu noch die Lenkung leicht einschlagen. Es gibt kein Auto mit Hinterradantrieb, das dann nicht hinten wegwischt. Übertragen auf normale Straßenverhältnisse bedeutet das: Mit dem Gas auf glatter Straße noch viel vorsichtiger umgehen, wie mit der Bremse! Gas zurücknehmen, sobald die Antriebsräder durchdrehen, denn das ist die erste Phase des Schleuderns. Nur mit Fingerspitzengefühl lenken. Es ist jedem zu empfehlen, so das Winterverhalten seines Wagens kennen zu lernen. Auf leerem Parkplatz gefahrlos, aber es sollten sich unter dem Schnee keine Randsteine oder andere Erhebungen verstecken. Denn wenn man da seitlich dran rutscht besteht Überschlaggefahr oder das Fahrwerk wird beschädigt. Die Übung hat den Zweck, einmal zu sehen, wie das ist, wenn das Auto Karussell fährt.


Weil es auf der Straße gar nicht soweit kommen darf, übe man, wie das Schleudern zu verhindern ist. Das geht so: man fahre einen Kreis von ca. 40 m Durchmesser und versuche, allmählich auf immer höhere Geschwindigkeiten zu kommen, bis das Auto "weggeht". Dann kommt es darauf an, bei dieser Grenzgeschwindigkeit den Wagen mit vorsichtigen Gegenlenkbewegungen doch in diesem Kreisbogen weiterzufahren, ohne dass er vollends ausbricht. Denn genau das ist es, was man auf der glatten öffentlichen Straße können muss, wenn man versehentlich zu schnell in eine Kurve hineingeraten ist.


Nun haben viele Autos heute Vorderradantrieb. Zunächst ist das ein Vorteil, denn die Schleudereinleitung durch durchdrehende Antriebsräder wie beim Heckantrieb entfällt. Das Auto zieht also immer hübsch hinter den angetriebenen Lenkrädern her. Sollte man meinen. Ist auch so, bis diese Räder den Halt verlieren. Wenn man dann das Gas stehen lässt, wird das Fahrzeug unlenkbar und verlässt voraussichtlich auf geradem Wege die Kurve! Wenn man daran geglaubt hat, dass der Wagen durch eben diese Kurve dank Vorderradantrieb hindurch gezogen wird, ist die Überraschung komplett. Auch hier gibt's noch Abhilfe durch bewusstes Einleiten einer Schleuderbewegung per Handbremse und Lenkeinschlag. Aber das ist wirklich etwas für Profis der Rallye Monte Carlo.


In der Praxis wird jedoch der Kraftfahrer von seinem schleudernden Auto so überrascht, dass er die notwendigen Korrekturen am Lenkrad zu spät und vor allem viel zu heftig ausführt. Das Resultat ist ein wild von einer Seite auf die andere schleuderndes Auto und das bittere Ende ist oft in Form eines Entgegenkommenden fast unausweichlich. Hier kann manchmal die Rettung sein, wenn man den Wagen bewusst weiterdrehen lässt. Denn dabei bleibt er doch etwa in der Fahrtrichtung (Trägheit!) und verliert auch sehr schnell an Geschwindigkeit. Das erreicht man so: Räder voll in Schleuderrichtung einschlagen und Vollbremsung.



Niemandem ist zu wünschen, je in eine solch haarsträubende Situation hineinzugeraten und das ist auch recht unwahrscheinlich, wenn man sich an die anfangs erwähnten Voraussetzungen für die winterliche Fahrweise hält.