Donnerstag, November 29, 2012

Abenteuer des Schienenstrangs


Jack London hat unter diesem Titel vor vielen Jahrzehnten ein Buch herausgebracht.  Hätte er die neue Deutsche Bahn gekannt,  wäre das Werk wesentlich umfangreicher geworden.
Reisende, seid gewarnt! Auf keinen Fall wichtige Treffen von einer planmäßigen Ankunft am Zielbahnhof abhängig arrangieren! Ein Survival-Kit ist vielleicht  noch nicht erforderlich – aber wer weiß? Zumindest ausreichend Getränke sind echt empfehlenswert, denn es kann durchaus sein, dass der gewählte Zug überhaupt nicht am veröffentlichten Zielbahnhof ankommt.  Das ist mir inzwischen 3 Mal passiert, also keineswegs eine Ausnahme, sondern Standardverfahren der Bahn.  Zum Beispiel meine letzte Reise am Freitag, 23.11.2012  IRE Stuttgart-Lindau. Planabfahrt 16:02 Uhr
Dieser Zug ging dann um 16:35 aus dem Bahnhof („Wir bitten um Verständnis, eine Signalstörung“) und war wie immer rappelvoll. Warum ist diese Verbindung immer überfüllt? Weil der Zug nur 4 Doppelstockwaggons hat.  Warum nur 4 und nicht 5 oder 6 ? Weil die Strecke ab Ulm nicht elektrifiziert ist und die schwache Diesellok so viele Waggons nicht mit Energie versorgen kann.  Warum ist die Strecke immer noch nicht elektrisch, obwohl es schon seit Jahren versprochen ist?  Weil Stuttgart 21 vor geht und deshalb kein Geld da ist.  Zurück zum Zug IRE.
Logisch, dass eine halbe Stunde Verspätung nicht aufzufangen ist, wenn an den Zielbahnhöfen keine Pufferzeiten eingeplant sind.  An fehlenden Pufferzeiten krankt unsere gesamte Wirtschaft, nicht nur die Bahn, aber die besonders. Warum gibt’s keine Pufferzeiten? Wegen Geldgier.
Ja wie löst nun die Bahn dieses Problem? Ganz einfach: Sie wirft ihre Kunden aus dem Zug! So geschehen mit diesem IRE in Ulm.  Knack im Lautsprecher, Durchsage kaum verständlich: „Es tut uns leid (wie schön!), aber dieser Zug fährt nur bis Ulm. Dort bitte alles aussteigen!“  So und dann standen ca. 350 „verehrte Fahrgäste“ in Ulm auf dem Bahnsteig und wussten nicht, wie es weitergeht.  Natürlich war auch kein Auskunftspersonal anwesend. Schlicht eine Unverfrorenheit!
Der Deutschen Bahn sind ihre Kunden offenbar weniger wichtig, sie ist hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt.
Mein Vorschlag für diese Strecke: Einfügung eines weiteren Zugpaares und entsprechende Fahrplanänderung, zusammen mit ausreichenden Pufferzeiten.  Außerdem 6 Doppelstockwaggons und ab Ulm zwei Dieselloks.

Ein weiteres Abenteuer ist die Preisgestaltung und Preistransparenz der Deutschen Bahn. Ach was, es ist im Regionalverkehr ja nicht mehr die Bundesbahn sondern es sind Landesverkehrsmittel, von fast jedem der deutschen Bundesländer in Eigenregie betrieben.  Die Königlich-schwäbische Eisenbahn lässt grüßen!  Die Bundesländer kochen jeweils ihr eigenes Bahnsüppchen, mit eigenen Preisen, mit eigenen Vorgaben, was die Benutzung anbelangt und eigenen Gültigkeiten von Tickets.  Einfach toll.  Unsere federale Kleinstaaterei ist kaum noch zu toppen. Speziell nicht bei den öffentlichen Verkehrssystemen.
Also wie gesagt, man nehme sich ausreichend Proviant und im Winter vielleicht auch noch eine warme Decke mit, wenn man auf eine Bahnreise geht – ein Ausfall der Heizung ist durchaus auch mal möglich. „Wir bitten um Verständnis“.