Sonntag, Mai 21, 2017

Idee statt der Straßenmaut.

Ich habe schon seit einigen Jahren kein eigenes Auto mehr, sondern Carsharing, es könnte mir eigentlich egal sein, was auf dem Autosektor von unserer unfähigen Regierung immer wieder angezettelt wird.

Aber anstelle der Autobahnmaut, in der sich der Dobrindt wie ein Pitbull festgebissen hat, hätte ich eine ganz andere Idee, die die meisten Ausländer auch an den Kosten der Straßen beteiligen würde:
Die Kfz-Steuer abschaffen und dafür diesen Betrag (aber nicht mehr!) auf die Treibstoffsteuer aufschlagen.
Dann würden nämlich auch die Vergleiche mit anderen Ländern, die noch nie gestimmt, aber von Politikern immer gerne angeführt werden, eher zutreffen.

Denn in Deutschland gibt es eine Garagensteuer - nicht anderes ist nämlich unsere Kfzsteuer. Da wird der Besitz eines zugelassenen Kfz. besteuert, ob man damit fährt oder nicht. Wohl einmalig in der Welt - genau wie unsere Rundfunk- und Fernsehgebühr.

Bundesbahn? Nein Börsenbahn!

Wer damit liebäugelt, bei der nächsten Wahl die FDP zu wählen - der Lindner ist ja auch ein netter Kerl - sollte sich mal diesen etwas längeren Artikel von der Privatisierung unserer Infrastruktur gönnen. Danach wird er vermutlich auch der Meinung sein, dass Gas, Wasser, Strom, Bahn und Autobahn und andere Infrastruktur nicht in private Hände gehören. Der Artikel ist nicht von mir, sondern ist in der Beilage APUZ der Zeitung "Das Parlament" erschienen und stammt von Prof. Tim Engartner. Diese Zeitung sollte eigentlich jeder Bürger lesen und die Politiker sowieso. Ob diese das machen? Ich glaube eher nicht.  Also lesen SIE doch mal:

Von der Bundesbahn
zur Börsenbahn

Die zum Jahresbeginn 1994 eingeleitete Privatisierung der Deutschen Bahn (DB) illustriert auf besonders eindrucksvolle Weise, welche sozial-,umwelt- und finanzpolitischen Risiken mit der Privatisierung eines Infrastrukturunternehmens einhergehen können. „Als kränkelnder Dinosaurier im Schuldenmeer und Sprengsatz des Bundeshaushalts“wurde die einstige „Behördenbahn“ Bundesbahn in den letzten Jahren ihres Bestehens diskreditiert. Aber trotz größerer Flexibilität im Personal-,Angebots- und Vermarktungsbereich, die ein privatwirtschaftliches Unternehmen gegenüber einem behördlich geführten staatlichen Sondervermögen genießt (AG-Effekt), misslang die finanzielle Sanierung der DB AG. Statt nach betriebswirtschaft-licher Rechnungslegung erfolgreich zu konsolidieren, häufte das Unternehmen - obwohl 1994 von sämtlichen Verbindlichkeiten befreit - binnen zehn Jahren laut konzerneigenem Wirtschaftsbeirat Nettoschulden in Höhe von 38,6 Milliarden Euro anund damit mehr als Bundes- und Reichsbahn in der Zeit ihres Bestehens zusammen.“ Und obgleich der ehemals größte Arbeitgeber der Bundesrepublik 2016 rund acht Milliarden Euro Regionalisierungsmittel erhielt, belaufen sich dessen Schulden noch immer auf beinahe 19 Milliarden Euro.Dabei konzentriert sich das „Unternehmen Zukunft“ (Eigenwerbung) längst nicht mehr auf die verlässliche Fahrgastbeförderung zwischen Delmenhorst, Dinslaken und Düren, sondern setzt auf Frachttransporte zwischen Dallas, Delhi und Den Haag. Beinahe zwei Drittel seines Umsatzes erzielt der internationale Mobilitäts- und Logistik-dienstleister inzwischen mit bahnfremden Dienstleistungen. Als Global Player setzt die DB AG aufprofitable Fluggesellschaften (Bax Global), Lkw-Speditionen (Stinnes), Fuhrparks (Bundeswehr) oder den Ausbau des Schienenverkehrs in Indien und Saudi-Arabien. Fahrpreiserhöhungen, Bahnhofsschließungen, Lok- und Oberleitungsschäden, Weichen- und Signalstörungen sowie „Verzögerungen im Betriebsablauf“ sind die (Spät-)Folgen  der von Hartmut Mehdorn als Bahnchef in den 2000erjahren ausgegebenen Desinvestitionspolitik Die seinerzeit auf seinem Schreibtisch platzierten Symbole für die Börse - Bulle und Bär - sind geradezu emblematisch für sein Bemühen, die „Braut“`DB AG für den noch immer nicht endgültig abgesagten Börsengang „aufzuhübschen.“ 


Mehr als 8000 Stunden Verspätung fahren deren Züge Tag für Tag
ein. So ist es kaum verwunderlich, dass eine breite
Mehrheit der Bevölkerung sich eine Bürger- statt
einer Börsenbahn wünscht, die von beinahe jährli-
chen Fahrpreiserhöhungen ebenso Abstand nimmt
wie von einer Ausdünnung der Fahrtakte in Ta-
gesrandlagen oder der Schließung von Streckenab-
schnitten in peripheren Bedienungsgebieten.
Viele verkehrspolitische Entscheidungsträger
übersehen triftige Gründe, die gegen eine Kapi-
talmarktorientierung im Bahnwesen sprechen.
So wird ein privatwirtschaftlich organisiertes
und damit gewinnorientiertes Unternehmen un-
ter rein kaufmännischen Gesichtspunkten stets
solche Zugleistungen und -verbindungen†aufge-
ben (müssen), deren Ertragswerte negativ sind
oder jedenfalls unterhalb der durchschnittlichen
Rendite im Bahnsektor liegen. Die einem Glau-
bensbekenntnis gleichkommende Behauptung,
konkurrierende, ebenfalls private Betreibergesell-
schaften übernähmen derartige Zugfahrten, Lini-
en oder Netzteile, verklärt den Umstand, dass
auch diese nach betriebswirtschaftlichem Kalkül
operieren (müssen). Cum grano salis: Auch im
Wettbewerb zwischen verschiedenen (privaten)
Zuggesellschaften führt der Rentabilitätsdruck zu
einer Einstellung unprofitabler Streckenabschnit-
te - es sei denn, die Betreibergesellschaften wer-
den staatlich subventioniert.
Hinzu kommt, dass der Generationen übergrei-
fende Zeithorizont, auf den Infrastrukturinvesti-
tionen angelegt sind, in einem schier unauflös-
baren Spannungsverhältnis zu den kurzfristigen
Rentabilitätsinteressen börsennotierter Unter-
nehmen steht. Dies zeigt nicht nur der Blick nach
Großbritannien, sondern auch der nach Neusee-
land. In beiden Staaten wurde die Infrastruktur
an private Investoren verkauft, jeweils mit üblen
Folgen: Der Überschuss wurde nicht reinvestiert,
sondern getreu der Shareholder-Value-Orientie-
rung an die Aktionäre ausgeschüttet, während
die Investitionen in die Instandhaltung- des Tras-
sennetzes auf ein Minimum reduziert wurden.
Railtrack musste im Oktober 2001 Konkurs an-
melden, die neuseeländische Tranz Rail stand un-
mittelbar vor der Insolvenz, sodass sich die Re-
gierungen in beiden Fällen gezwungen sahen, die
Schienenwege wieder zu verstaatlichen, um deren
Modernisierung mit Milliarden- beziehungsweise
dreistelligen Millionenbeträgen nachzuholen.

Ein prominentes Beispiel für das fehlende
infrastukturpolitische Engagement des Staates
ist die Rheintalstrecke als wichtigste deutsche
Frachtverbindung zwischen den Nordseehäfen
und dem Mittelmeer. Sie ist nach wie vor ein Na-
delöhr für den europäischen Güterverkehr, weil
hier nur zwei statt vier Schienenstränge zur Ver-
fügung stehen. Wird dieser Investitionsbedarf
nicht ernst genommen und der daraus resultie-
rende Investitionsstau aufgrund der horrenden
Ausgaben für Großprojekte wie „Stuttgart 21“
oder Neubautrassen wie die ICE-Strecken
Nürnberg-Erfurt-Halle und Wendlingen-Ulm
nicht auch im nördlichen Streckenabschnitt
oberhalb von Weil am Rhein aufgelöst, werden
die Güterströme trotz Lkw-Schwerverkehrsab-
gabe (Lkw-Maut), Ökosteuer und gestiegener
Kraftstoffpreise auch künftig zum Großteil über
Autobahnen abgewickelt. Dies gilt erst recht,
weil die Zahl der industriellen Gleisanschlüs-_
se seit 1992 um mehr als zwei Drittel reduziert
wurde.

Welche negativen Entwicklungen die (formel-
le) Privatisierung der DB mit Blick auf die in Ar-
tikel 87e Absatz 4 GG verbriefte flächendeckende
Versorgung mit Schienenverkehrsleistungen hat,
lässt sich auch am Wandel der Bahnhofslandschaft
ablesen. Obwohl Bahnhöfe als integraler Bestand-
teil der Bahninfrastruktur nicht nur Ankunfts-,
Abfahrts- und Wartestellen für Zugreisende, son-
dern auch „Visitenkarten“ der jeweiligen Orte _
sind, setzt sich das Phänomen des „Bahnhofsster-
bens“ fort. Das Ziel der Kapitalmarktfähigkeit fest
im Blick, treibt die DB AG mit dem (Aus-)Ver-
kauf der Bahnhofsgebäude den Abbau des Anla-
gevermögens und damit die Steigerung der Eigen-
kapitalrendite voran. In den vergangenen zwanzig
Jahren wurden rund 1700 Bahnhofsgebäude ver-
äußert und mehrere Hundert geschlossen, von
den nunmehr verbliebenen Bahnhöfen soll noch
einmal rund die Hälfte verkauft werden. Lag die
„Bahnhofsdichte“ Mitte der 1960er Jahre in West-
deutschland noch bei 4,1 Kilometern, findet sich
gegenwärtig entlang des seit 1994 um ein Drittel
geschrumpften Schienennetzes nur noch alle sie-
ben Kilometer ein Bahnhofsgebäude.

Prof. Tim Engartner.