Freitag, November 29, 2013

Die Bahn macht mobil!



Bisher war ich als Jahres-Netzkarten-Inhaber der Meinung, der Fahrgast sei nur ein Störfaktor für die Bahn, die eigentlich mit sich selbst ausreichend beschäftigt ist.

Das war weit gefehlt und total falsch gedacht. Warum, will ich mal an einer Kurzreise von gestern darstellen. Es war eine Fahrt von Lampertheim nach Neulussheim und dann zurück von Speyer Hbf., jeweils über Mannheim Hbf.

Beginnen wir also. In Lampertheim muss man erst einmal 2 Treppen bewältigen, was bei einem Rentner wie mir schon einen ersten Trainingseffekt darstellt. Im Alter ist jede Treppe, die man noch bewältigen kann, eigentlich ein Fitness-Gerät und erspart einem die teuren Etablissements gleicher Ausrichtung.  Oben angelangt, hat man dann Zeit in der starken Nordbrise wieder abzukühlen, denn natürlich hat der Zug aus Frankfurt wie meistens etliche Minuten Verspätung.  Auf die ohne die Wind störenden Seitenwände frei stehende Bank kann man sich deshalb nicht setzen, weil das seit Jahren undichte Dach genau an dieser Stelle runtertropfen lässt.  Also bleibt man stehen und tritt von einem Fuß auf den anderen, was schließlich den Gleichgewichtssinn trainiert.
In Mannheim angekommen schließlich, ist das Rentnertraining anders angesetzt, denn dort gibt es ja Rolltreppen und Aufzüge. Dafür wird der weiterführende Zug so aufgestellt, dass
die wartenden Fahrgäste erwartungsgemäß nur in den vorderen Zugteil drängen, während man als Rentner dann ganz ans Ende des Bahnsteigs – erstaunlich wie lang der ist – eilt, um in dem hinteren 425er Triebzug dann leicht  einen Platz zu bekommen. Denn dieser Zug ist zwar absolut unbequem zum Sitzen, aber beschleunigt dafür wie „Schmidts Katze“ sodass man möglichst einen Sitzplatz hat.

In Neulussheim hat man die Bahnstrecke in Höhe eines dreistöckigen Hauses überbrückt und jetzt wird der agile Rentner wirklich treppenmäßig gefordert. Denn wenn man schon eine so hohe Brücke bauen muss, bleibt doch kein Geld für einen Aufzug übrig.

Die Rückfahrt erfolgt erst mit einem Bus nach Speyer. Da wird man aber durch ein auch im Dorf Altlussheim vorhandenes Wartehäuschen mit Bänken zunächst körperlich verwöhnt (ist auch nicht Bahn, sondern Bus), was dann aber in Speyer Hbf wieder durch im Bahnhofsgebäude überhaupt nicht vorgesehene Sitzgelegenheiten – bis auf eine von Bier trinkenden Obdachlosen besetzte 3er-Bank – mehr als ausgeglichen wird. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Auf dem Bahnsteig 1 ist  tatsächlich noch eine Bank vorhanden, leider nicht mehr unter dem Dach, sodass man angesichts des Nieselregens darauf verzichtet und dafür seine Mobilität durch Hin- und Hergehen aufrecht erhält.
Wenn man nun glaubt, in dem Zug seinen trotz Überfüllung ergatterten Sitzplatz bis Mannheim Hbf ausnutzen zu können, hat weit gefehlt. An dem Zug steht zwar vorn Karlsruhe dran, er fährt aber nur bis Ludwigshafen Hbf, wo alle Fahrgäste (Störfaktor!) aufgefordert werden, hurtig den anderen Zug zu entern, der auf dem gegenüberliegenden Gleis schon steht und der die angekündigte Strecke tatsächlich befährt.
Schließlich wieder in Lampertheim angekommen hat man noch eine letzte Trainingseinheit mit der Treppe, welche man auch im Zickzack ersteigt, weil die Stufen durch Flaschenscherben, McDonald-Pommes und sonstigen Unrat versaut sind.
Es ist schon so. Wer die Bahn benutzt, bleibt mobil. 

Dieser Text wurde auch zuständigkeitshalber weitergeleitet an:
Rebekka.Muetze@deutschebahn.com


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