Bisher war ich als Jahres-Netzkarten-Inhaber der Meinung,
der Fahrgast sei nur ein Störfaktor für die Bahn, die eigentlich mit sich
selbst ausreichend beschäftigt ist.
Das war weit gefehlt und total falsch gedacht. Warum, will
ich mal an einer Kurzreise von gestern darstellen. Es war eine Fahrt von
Lampertheim nach Neulussheim und dann zurück von Speyer Hbf., jeweils über
Mannheim Hbf.
Beginnen wir also. In Lampertheim muss man erst einmal 2
Treppen bewältigen, was bei einem Rentner wie mir schon einen ersten
Trainingseffekt darstellt. Im Alter ist jede Treppe, die man noch bewältigen
kann, eigentlich ein Fitness-Gerät und erspart einem die teuren Etablissements
gleicher Ausrichtung. Oben angelangt,
hat man dann Zeit in der starken Nordbrise wieder abzukühlen, denn natürlich
hat der Zug aus Frankfurt wie meistens etliche Minuten Verspätung. Auf die ohne die Wind störenden Seitenwände
frei stehende Bank kann man sich deshalb nicht setzen, weil das seit Jahren
undichte Dach genau an dieser Stelle runtertropfen lässt. Also bleibt man stehen und tritt von einem
Fuß auf den anderen, was schließlich den Gleichgewichtssinn trainiert.
In Mannheim angekommen schließlich, ist das Rentnertraining
anders angesetzt, denn dort gibt es ja Rolltreppen und Aufzüge. Dafür wird der
weiterführende Zug so aufgestellt, dass
die wartenden Fahrgäste erwartungsgemäß nur in den vorderen
Zugteil drängen, während man als Rentner dann ganz ans Ende des Bahnsteigs –
erstaunlich wie lang der ist – eilt, um in dem hinteren 425er Triebzug dann
leicht einen Platz zu bekommen. Denn
dieser Zug ist zwar absolut unbequem zum Sitzen, aber beschleunigt dafür wie
„Schmidts Katze“ sodass man möglichst einen Sitzplatz hat.
In Neulussheim hat man die Bahnstrecke in Höhe eines
dreistöckigen Hauses überbrückt und jetzt wird der agile Rentner wirklich
treppenmäßig gefordert. Denn wenn man schon eine so hohe Brücke bauen muss,
bleibt doch kein Geld für einen Aufzug übrig.
Die Rückfahrt erfolgt erst mit einem Bus nach Speyer. Da
wird man aber durch ein auch im Dorf Altlussheim vorhandenes Wartehäuschen mit
Bänken zunächst körperlich verwöhnt (ist auch nicht Bahn, sondern Bus), was dann aber in Speyer Hbf wieder durch
im Bahnhofsgebäude überhaupt nicht vorgesehene Sitzgelegenheiten – bis auf eine
von Bier trinkenden Obdachlosen besetzte 3er-Bank – mehr als ausgeglichen wird.
Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Auf dem Bahnsteig 1 ist tatsächlich noch eine Bank vorhanden, leider
nicht mehr unter dem Dach, sodass man angesichts des Nieselregens darauf
verzichtet und dafür seine Mobilität durch Hin- und Hergehen aufrecht erhält.
Wenn man nun glaubt, in dem Zug seinen trotz Überfüllung ergatterten Sitzplatz bis
Mannheim Hbf ausnutzen zu können, hat weit gefehlt. An dem Zug steht zwar vorn
Karlsruhe dran, er fährt aber nur bis Ludwigshafen Hbf, wo alle Fahrgäste
(Störfaktor!) aufgefordert werden, hurtig den anderen Zug zu entern, der auf
dem gegenüberliegenden Gleis schon steht und der die angekündigte Strecke
tatsächlich befährt.
Schließlich wieder in Lampertheim angekommen hat man noch
eine letzte Trainingseinheit mit der Treppe, welche man auch im Zickzack
ersteigt, weil die Stufen durch Flaschenscherben, McDonald-Pommes und sonstigen
Unrat versaut sind.
Es ist schon so. Wer die Bahn benutzt, bleibt mobil.
Dieser Text wurde auch zuständigkeitshalber weitergeleitet an:
Rebekka.Muetze@deutschebahn.com
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